Diese Homepage ist das, was ich eine “Mitmach-Seite” nenne. Was das ist und warum ich es so wunderbar finde, erläutere ich hier.
Als interessierter Software-Entwickler entdeckt man über die Zeit eine faszinierende Welt an Technologie, die für die Zusammenarbeit an Software-Quellcode entwickelt worden ist. So arbeiten hunderte von Menschen gemeinsam daran, das Betriebssystem Linux zu entwickeln. Tausende von Menschen haben Software-Bausteine für JavaScript-Applikationen entwickelt und veröffentlichen diese zur freien und kostenlosen Nutzung auf der Plattform npmjs.com. Auch diese Menschen arbeiten permanent zusammen, helfen sich gegenseitig mit Teilleistungen für ihre Projekte. Dabei gibt es keine Chef:innen, keine Aktionär:innen und keinen Staat, der die Menschen zu dieser Arbeit zwingt oder ihre Arbeit organisiert1. Auch Video-Konferenzen, Dailies oder Sprints finden nicht statt. Welche Arbeit gemacht wird, entscheiden die Menschen selbst, genauso wann sie diese Arbeit machen. Die Ergebnisse werden genutzt, wenn sie gut sind. Die Kommunikation und Abstimmung erfolgt öffentlich und schriftlich, meist über die Plattform github.
Ein Beispiel für derartige Kollaboration ist mein
Beitrag zur Software
flowbite-react
. Auch ohne Verständnis von
Software oder dem konkreten Code kann man sich über das Interface von github
einen Eindruck davon machen, wie diese Arbeit funktioniert: Die Software wird
von Leuten, nennen wir sie Administrator:innen, verwaltet. Ich habe eine
fehlende Funktion gefunden und einen konkreten Lösungsvorschlag eingebracht. Der
Lösungsvorschlag war in seiner ersten Version für die Administrator:innen nicht
akzeptabel, da ich Details und Muster nicht kannte, die ich berücksichtigen
musste. Die Kommunikation dazu fand ausschließlich über github statt. Der Ton
ist wertschätzend, die Inhalte fokussiert und ergebnisorientiert. Nach einigen
Iterationen, habe ich einen akzeptablen Lösungsvorschlag präsentiert, den die
Administrator:innen mit einem Klick auf eine Schaltfläche im Interface ihrer
Software hinzufügen konnten. Unsere gesamte Arbeit, inklusive der Kommunikation
haben wir öffentlich geführt und sie wird für immer dokumentiert und für die
ganze Welt einsehbar sein. Andere können es sich ansehen und davon lernen, oder
uns helfen, besser zu werden. Eine einzige, riesige Kooperation.
Ich liebe diese Art und Weise der Zusammenarbeit so sehr, dass ich inzwischen oft frustriert bin, wenn ich in Projekten arbeiten muss, die diese Arbeit noch nicht für sich entdeckt haben. Das können meine Kund:innen sein, die glauben, dass stundenlange Video-Telefonate mit 20 Personen Projekte positiv beeinflussen. Aber meistens sind es Projekte, die nichts mit Software zu tun haben.
Da sind die Gemeinde-Verwaltungen, die auf einem Berg von interessanten Daten sitzen und die Ressourcen und Berechtigungen haben, tolle Online-Dienste und Informationen für die Bürger:innen bereitzustellen. Aber statt allen Bürgern die Nutzung dieser Daten zu ermöglichen und die freiwillige Mitarbeit der Bürger:innen an den Informationen und Diensten zu fördern, werden die Daten und Unterlagen versteckt oder in proprietären Datenbanken mehr oder weniger unnutzbar gehalten.
Da sind die Eltern im Kindergarten oder Mitglieder im Verein, die Menschen im Dorf, die tolle Ideen haben. Aber alle machen die Arbeit unabhängig voneinander, benutzen voneinander getrennte Systeme, inkompatible Datenstrukturen und Prozesse, die die anderen nicht verstehen.
Ich arbeite daran, dass wir mehr Menschen werden, die bei der Arbeit immer sicherstellen, dass kollaboriert werden kann, indem sie offene Standards wählen, ihre Arbeit veröffentlichen und öffentlich dokumentieren und in versionssystemkompatiblen Formaten (zum Beispiel markdown statt Microsoft Word) arbeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir durch solch eine Arbeitsweise riesige Potenziale für unsere Gesellschaft und die Menschheit insgesamt heben können.
In diesem Sinne betreibe ich Mitmach-Seiten, deren Quellcode und deren Inhalte öffentlich zugänglich sind. Das heißt, dass jede Person mit ein wenig Einarbeitung in der Lage ist, Vorschläge zu machen, welche Inhalte auf der Homepage geändert, gelöscht oder hinzugefügt werden sollen. Ich betreibe derartige Seiten für mich selbst, das Dorf Rössing, in dem ich wohne, und versuche sie auch in den Vereinen, in denen ich aktiv bin, zu etablieren. Natürlich ist das eine gewisse Zumutung für die Personen, die sich an diese neue Art der Tools, aber vor allem des Denkens und der Arbeit gewöhnen müssen. Und es braucht viel Vertrauen in Menschen wie mich, um zu glauben, dass der Lernaufwand gerechtfertigt ist. Ich hoffe sehr, dass ich dieses Vertrauen aufbauen kann und Schritt für Schritt mehr Menschen dafür gewinnen kann, auf diese Art und Weise die Zukunft zu gestalten.
Wenn Du jetzt Lust aufs Mitmachen und diese schöne neue Welt bekommen hast, dann probier es doch gleich hier aus.
Dabei wünsche ich vor allem viel Freude!
Um korrekt zu bleiben, muss man zugeben, dass es inzwischen zahlreiche Firmen gibt, die Mitarbeiter:innen bezahlen um an Open-Source-Projekten zu arbeiten. Ein gutes Beispiel dafür ist Meta, die unter anderem die Software React entwickeln lassen. Aber auch diese Arbeit findet weitgehend öffentlich statt und viele Teile der Applikation wurden von unabhängigen Dritten entwickelt und sind mittels Pull-Requests in den Quellcode aufgenommen worden._ ↩