Dies ist eine Eingabe, die ich möglicherweise bei der heutigen Dorfratssitzung mache.
Sehr geehrte Ratsfrauen und Ratsherren, [sehr geehrte weitere anwesende von Rang und Namen],
ich habe mein Anliegen bereits der verehrten Gemeindebürgermeisterin Frau Dombrowski, sowie dem Gemeinde-Ratsherren Friedrich Kämpfer und den Rössinger Ratsleuten Julia Kantack und Wolfgang Scholz vorgelegt. Auf Wunsch von Julia Kantack wiederhole ich hier Teile meiner Ausführungen zur Kenntnisnahme durch den gesamten Ortsrat.
Ihnen liegt heute ein Antrag vor, darüber zu entscheiden, ob Sie für oder gegen den Bau einer Ortsumgehung der Orte Mahlerten, Burgstemmen und Poppenburg sind. Ich rufe Sie auf, den Antrag zurückzuweisen und sich für nicht zuständig zu erklären.
Das Verfahren, durch welches diese Ortsumgehung beschlossen worden ist und die Planung durchgeführt wird, ist ein rechtmäßiges Verfahren auf Basis der Landesgesetzgebung von Niedersachsen und der Bundesrepublik Deutschland. Die berechtigten Interessen der betroffenen Menschen, sowie der Natur und Umwelt wurden bei der Verabschiedung der Gesetze und Vorschriften diskutiert und im demokratischen Ringen sind die heute gültigen Regeln herausgekommen. Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Orts- oder Gemeinderäte der betroffenen Gemeinden eine Zustimmung erteilen sollen oder verweigern dürfen. Sie haben schlicht kein Mitspracherecht.
Dass wir hier trotz dieses Wissens Abstimmungen über diese Frage veranstalten, halte ich für in höchstem Maße problematisch und schädlich für unsere Gemeinde. So las ich bereits die Tage in der LDZ einen Leserbrief von einer Anwohnerin der heutigen B1-Strecke, die sich bitter über die empfundene Herzlosigkeit ihrer Mitbürger:innen beklagt, die sich dafür stark machen, dass es keinen Ausbau der B1 geben soll. Wir können sicher sein, dass diese Verletzungen und Enttäuschungen über eine empfundene mangelnde Solidarität ihre Spuren im Verhalten der Menschen untereinander hinterlassen wird.
Wir haben in Deutschland aus sehr guten Gründen eine repräsentative und keine direkte Demokratie. Es hat sich als zweckmäßig und heilsam erwiesen, dass wir nicht ständig alle einzeln über komplexe und kontroverse Dinge abstimmen. Stellen wir uns doch nur einmal vor, hier in Rössing würden wir über Themen abstimmen wie:
Dies würde nicht nur zu einem heillosen Chaos und schließlich zum Zerbrechen unseres schönen Deutschlands führen, sondern auch zu einer tiefen Spaltung in der Gesellschaft und unserem schönen Dorf und unserer Gemeinde. Und zwar entlang einer Vielzahl von Bruchlinien, so dass am Ende jede und jeder miteinander streitet.
Als Bewohner:innen eines kleinen Dorfes wissen Sie, wie ich denke, sehr genau, dass viele politischen Themen auf den Dorffesten, dem Weihnachtsmarkt, auf den Sportplätzen und in den Vereinen nur ein seltener Gast sein dürfen, welcher nur bei wichtigem Grund seine Anwesenheitsberechtigung hat. Wir möchten uns nicht bei jeder Gelegenheit mit den möglicherweise kontroversen politischen Ansichten aller anderen Dorfbewohner:innen beschäftigen. Denn nur im Verzicht auf den ständigen politischen Kampf, können wir unsere oft sehr unterschiedlichen Ansichten ausblenden und uns auf den Menschen im Gegenüber einlassen und uns an ihm erfreuen.
Über die B1-Umgehung abzustimmen ist ein Spiel, bei dem wir alle nur verlieren können. Ich halte es in solchen Fällen für die beste Strategie, einfach nicht mitzuspielen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie meinen Vorschlag annehmen könnten.
Levin Keller